Johann Wilhelm Christian Steiner

Hier eine kurze Vorstellung des Biografs des ersten hessischen Großherzogs Ludwig I. Da diese Biografie der erste und oft auf Grundlage weitere Arbeiten über den Großherzog herangezogen wird ist es interessant zu wissen wer dahinter steckt.

Steiner studierte von 1804 bis 1807 Jura an der Universität Gießen. Der späterer Staatsminister Jaup war sein Dozent. Danach arbeitete er als Advokat und Notar. Während der Befreiungskriege 1813 bis 1815 gehörte er als Freiwilliger zur Landwehr. Hier erlangte er der Rang als Kommandeur eines Bataillons.

Während seiner Zeit als Advokat verfolgte er nebenbei seinen Leidenschaft zur Landesgeschichte. Diese entstand schon während seiner Schulzeit durch seinem Gymnasialdirektor Wenck und ist während seiner Landwehrzeit wieder aufgeflammt.

Er beschäftigte sich viel mit Forschungen über die Römer im Maingebiet und dem lime Romanus. Dadurch gewann er die Anerkennung des Großherzogs und bekam 1825 den Titel „Hofrath“.

Nachdem er immer weitere Forschungswerke publizierte, wurde er vom Großherzog Ludwig II. im Jahr 1831 als Nachfolger von u.a. Wenck zum „Historiografen des großherzoglichen Hauses“ ernannt. Durch diese Position erlangte er unbeschränkten Zugang zum Landesarchiv und zur Hofbibliothek. Seine Tätigkeit als Advokat behielt er weiter.

Zur Förderung der Landesgeschichte gründete er einen historischen Verein für das Großherzogtum Hessen und begann mit der Herausgabe der dazugehörigen historischen Zeitschrift „Archiv für hessische Geschichte und Alterthumskunde“

Die Biografie Ludwigs I. schrieb er nachdem er nachdem er seine Tätigkeit als Advokat (ca. 1840) aufgab. Es ist nicht klar, ob die Idee eine Biografie zu schreiben als Auftrag an ihn herangezogen wurde, oder ob es aus eigenen Interessen entstand. Der Passage in der „Allgemeine Deutsche Biografie“ über Steiner steht nur: „Um sich diesen seinen historischen Arbeiten ganz und ungestört widmen zu können, erbat und erhielt St., … seine Entlassung aus dem Advocaturdienst. In den nächsten Jahren wandte er sich dann namentlich dem Studium der neuesten Geschichte Hessens zu, dem die Biographien der Großherzöge Ludwig I. und Ludwig II: entsprangen, für die er die Schätze des Archivs und der Hofbibliothek in umfassender, wenn auch nicht erschöpfender Weise verwerthete.“

So beschrieben bekommt man den Eindruck, dass er aus eigenen Interessen die Biografien geschrieben hat. Die Motivationsgründe spielen eine Rolle bei der Interpretation der Inhalte. Wenn er z.B. vom Großherzog oder einer anderen Person des Hofes einen Auftrag bekommen hätte die Biografien, wäre seine Objektivität und kritischer Umgang mit der behandelten Person noch mehr eingeschränkt.

Seine umfangreiche Geschichtsforschungen und seine Vereinstätigkeit deuten auf eine solide wissenschaftliche Vorgehensweise bei seiner Publikationen. Das deckt sich mit den Aussagen in der Einleitung der Biografie überein. Hier zwei Beispiele:

Konnte nun schon zu unserer Zeit auf manche meiner Anfragen gewünschte Auskunft nicht erfolgen, wie viel mehr wird dieses für die Zukunft zu befürchten sein, wenn Zeitgenossen nicht mehr leben. Wie nothwendig ist daher auch deßhalb schon das Erscheinen dieses Werkes, damit jene mir unbekannten Zeitgenossen, welche nähere Kenntniß von Thatsachen haben, um deren Mitheilung ich bitte, durch die Lücken meiner Geschichte hierauf aufmerksam gemacht werden, womit ich zugleich die weitere Bitte verbinde, auch Irrthümer und Fehler anmerken und berichtigen zu wollen, damit dieses Werk für erstes Studium der merkwürdigsten Zeit unserer hessischen Geschichte immer mehr brauchbar werde.

Seite XVII aus Ludewig I. Großherzog von Hessen und bei Rhein, nach seinem Leben und Wirken

Möchten die Lebensgeschichten unserer teutschen Fürsten auf dem Wege gründlicher Forschung, und wenn sie hierdurch genügend vorbereitet sind, pragmatisch sammt und sonders erschienen, als Belege unserer freudigen Ueberzeugung, daß Teutschland hoher Flor der Künfte und Wissenschaften, des Volksunterrichts, des Ackerbaus, der Gewerbe und eines kräftigen Mittelstandes seiner Bewohner, von den Einwirkungen der Regenten ausgeht, welche auf glückliche Weise ihren Standpunkt gerade so einnehmen, um ihrem Volke nahe, die Mittel zu Erreichung dieses Zweckes mit rechter Auswahl auf sichere Art anwenden zu können.

Seite XVIII-XIX aus Ludewig I. Großherzog von Hessen und bei Rhein, nach seinem Leben und Wirken

Seine Arbeit genoss Anerkennung und er wurde im Jahr 1832 von der Universität Gießen zum juristischen Doktor ernannt. Im Jahr 1858 erhielt er von der gleichen Universität das philosophischen Doktor. Seit 1832 war er Mitglied der Münchener Akademie der Wissenschaften.

Trotz die damalige wissenschaftliche Anerkennung muss man bedenken, dass die wissenschaftliche Freiheit und Standards noch nicht den Ansprüchen der Heutigen erreicht haben. Die Wahrheitsgehalt seiner Informationen über den Großherzog sind zu einem bestimmten Grad zuverlässig. Es liegt eher die Gefahr, dass er wenig schmeichelhafter und kritischer Informationen gezielt weggelassen hat und zu einer übertriebene positive Darstellung von Fakten neigte.