Aufklärung und Aufgeklärter Absolutismus

In der Literatur über Ludwig I. von Hessen wird geschrieben, dass sein Herrschaftsverständnis mit aufgeklärten Absolutismus beschrieben werden kann. Es ist deshalb wichtig zu wissen, wie aufgeklärter Absolutismus verstanden wird. Erste Informationsquelle dafür liefert Heinz Durchhardt in „Barock und Aufklärung“ (Band 11 Oldenbourg Grundriss der Geschichte).

In verschiedene Text wird die Herrschaft Ludwig I. mit dem aufgeklärter Absolutismus beschrieben. Dagobert Karenberg schreibt: „In den Jahren der absoluten Herrschaft – von 1806 bis 1820 – bewies der Großherzog, daß er ein wahrer Vertreter des aufgeklärten Absolutismus war, tief durchdrungen von seinen landesväterlichen Pflichten, aber auch seinen Rechten.“ (Die Entwicklung der Verwaltung in Hessen-Darmstadt unter Ludewig I. (1790 – 1830), S. 140). Gemäß Volker Illgen in seiner Festschrift zum 200. Jahrestag Ludwigs Amtsantritts verstand sich Ludwig „… als Anhänger des aufgeklärten Absolutismus.“ (Großherzog Ludewig I. von Hessen und bei Rhein : Ausstellung zum 200. Jahrestag seines Regierungsantritts 1790 – 1990, S. 22).

Dieses Herrschaftsstil wird nicht nur dem Großherzog von Hessen zugeschrieben. Mehrere frühere und zeitgenössische Herrscher und Regierungen werden in Zusammenhang mit dem aufgeklärten Absolutismus gebracht. In seinem Werk „Der moderne bayerische Staat : eine Verfassungsgeschichte vom aufgeklärten Absolutismus bis zum Ende der Reformepoche“ schreibt Karl Möckl „Die Epoche der Reformen in Bayern vom Aufgeklärten Absolutismus bis zum Ende der Verfassungsgebung in den 20-er Jahren des 19. Jahrhunderts ist unter diesem Gesichtspunkt eine Einheit, die im europäischen Zusammenhang ihr Wesen gewann.“ (S. 282)

Durchhardt beginnt sein Kapitel über Aufklärung und aufgeklärten Absolutismus mit verschiedene Definitionsversuchen für den Begriff Aufklärung. Werner Schneider beschreibt die Aufklärung als „wesentlich kritisches Denken in praktischer Absicht“. Ernst Troeltsch definiert Aufklärung als die „…Beginn und Grundlage der eigentlich modernen Periode der europäischen Kultur und Geschichte … Sie ist keineswegs eine rein oder überwiegend wissenschaftliche Bewegung, sondern eine Gesamtumwälzung der Kultur auf allen Lebensgebieten … Eine immanente Erklärung der Welt aus überall gültigen Erkenntnismitteln und eine rationale Ordnung des Lebens im Dienste allgemeingültiger praktischer Zwecke ist ihre Tendenz.“ (Durchhardt, S. 127)

Rationales Denken und Pragmatismus sind also zentrale Merkmale der Aufklärung. Sie forderte die Meinungsfreiheit und die Befreiung von religiösen Dogmen.

Die deutsche Ausprägung von Aufklärung beschreibt Durchhardt mit Hilfe von Vierhaus als „Erziehungsprogramm mit dem Zweck, einen umfassenden Prozess der Befreiung der Menschen von unverstandener Autorität, des Lernens und Selbständigwerdens im Denken und Handeln in Gang zu setzten.“ (Durchhardt, S. 131).

Die Verbreitung des aufklärerischen Gedankenguts wird hauptsächlich die Geheimgesellschaften wie die Freimauern aber auch Lesegesellschaften zugeschrieben. Diese sind auch dafür verantwortlich, dass die Ideen in die Führungsschichten hineingetragen wurden (Durchhardt, S. 135).

Die Fürsten, die für die Ideen der Aufklärung interessierte oder sogar begeistert waren, begannen deren Prinzipien an Hand von Reformen in ihrem Staat einzuführen. Oft waren die Stände und Klerus gegen solche Erneuerungen, was zu einem Konflikt mit wechselnden Erfolge für die eine oder andere Seite geführt hat. Aus diesen Konflikten strebte der Fürst oft die absolute Herrschaft im Land an. Er ist mehr oder weniger in der Position gezwungen worden als einziger Autorität dafür zu sorgen, dass die Reformen durchgesetzt werden könnten. „Am Beginn von Reformen stand überall ein Fürst, der willens und in der Lage war und über die nötige Autorität verfügte, Veränderungen- und Innovationsvorschläge nicht nur aufzugreifen, sondern auch durchzusetzten…“ (Durchhardt, S. 136).

Durch die Annahme der aufgeklärten Gedankengut ist das Herrschaftsverständnis des Fürsten gewandelt. Dieses entsteht aus der Theorie der Gesellschaftsvertrags und der Herrscher sieht sich dem Wohl sein Volk und Staat verpflichtet und sehr gut mit dem Zitat (von Friedrich II. von Preußen?) „Ich bin der erste Diener meines Staates“ zusammengefasst (Durchhardt, S. 142).

Zusammenfassend kann man sagen das sich die Ideen der Aufklärung durch die gesellschaftlichen Schichten bis in die obersten Landesherrschaften des 18. Jahrhunderts stark verbreiteten. Ein möglich schon bestehender Tendenz zur Alleinherrschaft würde durch die Interesse Reformvorhaben (z.B. Allgemeinbildung, Abschaffung von Leibeigenschaft, Verwaltungsreformen, Beförderung der Wissenschaft, Unabhängigkeit der Justiz, religiöse Toleranz, uvm.) in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen des Staats durch den Herrscher einzuführen würde zunehmend verstärkt.

Zum Schluss noch ein Zitat von Durchhardt (S. 143): „Der ‚Aufgeklärte Absolutismus‘ legte die entscheidenden Fundamente für die Transformierung von Staat und Gesellschaft in der Revolutionszeit und im frühen 19. Jahrhundert. Er trug freilich selbst noch kaum zur Ausbildung individueller Freiheit bei; sein Grundgedanke, die Beförderung des Gemeinwohls durch den Herrscher und seine Untertanen, schuf keineswegs mehr obrigkeitsfreie Räume, sondern verstärkte im Gegenteil den Zugriff des Staats auf die Untertanenschaft im Sinn einer allgegenwärtigen und alles regelnden Aufsicht noch einmal in eigentümlicher Weise.“