Analyse der vom Müller zitierte „Address“ an die Bundesversammlung für die Einführung einer landständischen Verfassung

In seinem Buch über die Einführung der Verfassung hat Adolf Müller auf Seite 17. den Text eines Exemplars der „Addresse“, die im November 1817 an die Bundesversammlung in Frankfurt a. M. vom Ferdinand Beck überreicht würde. Der Inhalt der Adresse, die auch als Flugblatt verteilt wurde, spricht den Mitgliedern der Versammlung höflich an und wird als Warnung vor einer weiteren Verzögerung eine landständische Verfassung, wie im Artikel 13 der Bundesakte vorgesehen, einzuführen.

Mit den Worten „Hofe Bundesversammlung“ sprechen die Autoren gleich am Anfang das Gremium an. Am Ende, kurz bevor sie ihre Bitte konkret formulieren, wird die Bundesversammlung mit den Worten „[…]an diese erlauchte Versammlung als Teutschlands höchste Behörde mit dem Ansuchen ehrfurchtsvoll zu wenden[…]“wieder äußerst höflich adressiert.

Die Einführung der Verfassung verknüpfen sie mit dem Recht, „eine freie Stimme für seine Ueberzeugung zu führen[…]“. Sie spreche die Bildung des deutschen Volks an und behaupten, dass das Volk schon eine Reife erlangt hat, um über ihr eigenes Wohlstand Entscheidungen zu treffen. Der Beweis dafür liefere die Vernunft und die Geschichte und Artikel 13 der Bundesakte, der nur aus einem einzigen mehrdeutigen Satz besteht, interpretieren sie als eine eindeutige Anerkennung dieses Rechts.

Dass nichts für die Einführung nach Jahren unternommen wurde, verbinden sie mit dem Wort „Vorenthalten“, das impliziert eine aktive Verweigerung. Die Folgen dieser Verweigerung, warnen sie, wären „das große Uebel“ und eine große Gefahr, denn „Kräfte, die durch gemeinsames Zusammenwirken das Beste des gemeinen Wesens zu befördern berufen sind.“

Die Situation stufen sie so ein, dass es jederzeit „entzünden“ könnte. Das Ansprechen solche Folgen soll vielleicht nur als Warnung wirken oder als versteckte Drohung dienen. Sie geben jedenfalls vor, diese Spannung lösen so wollen und bitten die Versammlung ihren Einfluss einzusetzen und die Einführung der landständischen Verfassungen in jedes Bundesland zu bewirken, und zwar auf eine genau vorgegebene Art und Weise. Die „Vollführung“ soll „Vertragsweise“ stattfinden und für alle Bundesländer „nach wesentlich gleichen Grundsätzen“ so eingeführt, dass eine „wahre und würdige Volksvertretung“ entsteht.

Wichtig ist hier zu betonen, dass die Adresse nicht nur die Einführung forderte, sondern eine bestimmte Ausprägung einer Verfassung. Gemeint hier ist eindeutig eine, wie Hans-Ulrich Wehler sie formulierte, „[…]nach westeuropäischem Vorbild geschriebene, die Gewaltenteilung anvisierende, auf der Mitwirkung der vom Wahlrecht zugelassenen Bürger beruhende gesamtstaatliche Konstitution[…]“ (Deutsche Gesellschaftsgeschichte: Von der Reformära bis zur industriellen und politischen Deutschen Doppelrevolution: 1815 – 1845/49, S. 328).

Da Metternich ganz klar gegen eine solche Verfassung kämpfte, ist es verständlich, dass er den Wortlaut der Adresse sehr wahrscheinlich als klare Drohung auffassen würde. Dies wäre eine standhafte Erklärung dafür, dass die Petition bei ihrer Uberreichung abgewiesen wurde.

Da die Adresse auch als Flugblatt in der Öffentlichkeit verteilt und zusammen mit einer hohen Anzahl von Unterschriften vorgelegt wurde, brachte sie ein gewisses Gewicht im Spiel für die Einführung repräsentativen Verfassungen. Im Handbuch der hessischen Geschichte (Bd 4: Die hessischen Staaten bis 1945, Bd. 2: Hessen im Deutschen Bund und im neuen Deutschen Reich (1806) 1815 bis 1945, S. 747) werden 1000 Unterschriften gesprochen. Im Bericht der Zentraluntersuchungskommission gibt Beck selbst an: „die Addreßen seÿen mit etwa 2000 Unterschriften bei weitem größtentheils von Familien: Vätern und Männern aus allen Stände vom Fürsten bis zum Bauern, seiner Zeit bei dem Buchhändler Brünner in Frankfurt niedergelegt und abgegeben worden.“ (S. 100 (46))

Der genaue Wortlaut der Adresse ist bekannt und beinhaltet eine konkrete Forderung, nicht nur, dass eine landständische Verfassung bundesweit eingeführt werden soll. Sie beschreibt deutlich, dass die Art von Verfassung repräsentativ sein soll und durch Mitwirkung des Volks eingeführt werden. Die Angabe von Unterschriften wird in der Adresse als Argument soll belegen, dass der Wunsch aus der breiten Bevölkerung stammt. Außerdem warnen die Autoren davor, dass eine weitere Verzögerung zu negativen Konsequenzen führen werden.