Auswertung des Verhörprotokolls von Karl Sartorius vom 27. April 1819

Direkt nach der Ermordung von August Kotzebue durch den Jenaer Student Karl Sand am 23. März 1819 entstand im Großherzogtum Hessen eine Untersuchungskommission, um die Verbindung gewisse Personen mit Karl Sand nachzugehen.

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AM 27. April 1819 führte Direktorialrat Münch und eine weitere Person Böhser in Wetzlar, wo Sartorius als Lehrer im Gymnasium arbeitet, durch. Sie haben insgesamt 14 Fragen gestellt. Sie wollten u.a. wissen, wann er von Wetzlar nach Darmstadt gereist ist, ob er sich mit Personen in Langen traf, ob Karl Sand im Haus seiner Mutter aufhielte und ob Sand Papiere bei Sartorius zurückließ.

Sartorius gibt an, dass er am 19. März von Gießen nach Darmstadt über Frankfurt gereist ist. Er wollte einen Freund in Frankfurt besuchen, diese nicht angetroffen und deshalb weiter nach Langen gereist ist. In Langen gab es ein Treffen von Frankfurter und Darmstädter.

Der in Frankfurt aufgesuchte Freund heise Hergens, von Wetzlar geburtig, die Namen der übrigen seÿen aus Frankfurt der Student Sichel, dann einer Namens Knöffel, Glattbach u. Krohe, aus Darmstadt dagegen die Advoaten Hofmann B. u. Rühl dann noch einer andere, Namens Schulz, Fries, Koch u. Kahl

Auf die Frage, worüber sie gesprochen habe, antwortete er, dass es keine bestimmte Themen gab, sondern ein lockeres gesellschaftliches Unterhalten, wo mehrere Gespräche gleichzeitig stattgefunden haben. Er habe sich mit zwei Frankfurter über Turnen und Turnplätze unterhalten.

Er sei nur 3 Stunden in Langen gewesen und dann mit Heinrich Karl Hofmann, Wilhelm Schulz, Georg Rühl und Anton Koch um ca. 6 Uhr nach Darmstadt weitergereist. In Darmstadt habe Sartorius zufällig Karl Sand getroffen, der bei seinem Vetter Kraus aufhielten. Er betonte, dass Sand nicht in der Wohnung seiner Mutter aufhielten, aber „im gleichen Theil“ also wahrscheinlich im gleichen Wohnhaus, das aus mehreren Wohnungen mit verschiedene Bewohner bestand.

Sartorius und Sand haben sich von der Wartburgfeier gekannt und Sand habe sich gefreut, Sartorius zu sehen. Er erzählt es so, dass das Treffen nicht vorher ausgemacht hat. Wie kam aber Sand zu Kraus? Von wo haben Kraus und Sand sich gekannt?

Aus den weiteren Fragen geht hervor, dass Sand ausdrücklich Sartorius gebeten habe, ihn ein Stück des Weges nach Mannheim zu begleiten. Kurz bevor sie sich verabschiedet haben und Sartorius wieder nach Darmstadt zurückkehren wollte, habe Sand Sartorius gebeten, sein langes Haar wohl wegen der Hitze zu kurzen. Dies habe Sartorius getan. Bei seiner Rückkehr habe Sartorius bei Kraus einen Rucksack von Sand gefunden, worin ein Konzept eines Briefes an seiner Eltern befände. Ob weitere Papiere sich auch darin vorhanden waren, hat Sartorius bejaht, aber heruntergespielt. Sie seien unbedeutend. Er habe nichts entwendet.

Welche Informationen sind hier für die Arbeit über die Verfassungsbewegung wichtig? Es bestätigt, dass Sartorius nicht zum Kern der Darmstädter Schwarzen gehörte. Er habe sich wohl mit Heinrich Karl Hofmann, Georg Rühl und Wilhelm Schulz getroffen, war aber nicht direkt an die zu diesem Zeitpunkt laufenden Bemühungen, eine zwischen Volksvertreter und Regierung ausgehandelte Verfassung einzuführen, beteiligt. Er war länger nicht in Darmstadt gewesen, weil er seine Lehrertätigkeit in Wetzlar aufgenommen hat.

Dass er weiterhin an den weitreichenderen Bestrebungen, Deutschland zu vereinigen, beteiligt war, lässt sich möglicherweise erahnen. Es scheint, als ob seine Verbindung mit Karl Follen und seinem Wirkungskreis stärker war und womöglich über Follen als eine Bezugsperson für Sand empfohlen wurde als Unterstützung auf dem Weg nach Mannheim. Hier sehen wir eines weiteren Indiz, dass sich die Bewegung in zwei Sphären geteilt war.